Streit der Woche: Studieren zu viele?
Alle wollen mehr Bildung, deshalb gibt es in Deutschland bald mehr Studierende als Azubis. Doch einige finden: Bildung wird nicht nur an der Uni vermittelt.
Gibt es in Deutschland zu viele Studierende? Das behauptet jedenfalls der Philosoph Julian Nida-Rümelin und spricht von einem „Akademisierungswahn“. Natürlich nicht irgendwo, sondern in dem Akademikerblatt FAZ. Er fordert, die Mehrheit der Schulabgänger solle weiter eine klassische Berufsausbildung in Betrieb und Berufsschule anstreben. Auch statistisch läuft das Studium der Ausbildung den Rang ab. Die Zahl der Studierenden in Deutschland steigt, bald überholen sie die Azubis.
Andere Professoren unterstützen Nida-Rümelin. Der Bayreuther Philologe Gerhard Wolf führte eine Befragung unter Kollegen durch, die zu einem eindeutigen Ergebnis kam: „Eine wachsende Gruppe von Studierenden ist den Anforderungen des von ihnen gewählten Studiengangs intellektuell nicht gewachsen.“
Widerspruch gibt es von der zuständigen Bildungsministerin Johanna Wanka: Sie verteidigt die Investitionen in die Hochschulen und will nicht, dass Berufsausbildung un Studium gegeneinander ausgespielt werden. Auch die OECD bescheinigt Deutschland eine zu geringe Studierendenquote im Vergleich zu anderen Industrieländern. Während nur 28 Prozent der jungen Deutschen zwischen 25 und 34 Jahren einen Hochschulabschluss haben, sind es in den OECD-Ländern 39 Prozent.
Doch in vielen Vergleichsländern studieren auch Hebammen – muss das sein? Der Bildungsforscher und Pisa-Erfinder Andreas Schleicher meint: Solange Hochschulabsolventen 74 Prozent mehr verdienen als Deutsche mit Berufsausbildung, wird sich an der Entwicklung nichts ändern.
Eigentlich ist das überall Konsens: In Bildung investieren. Denn bald wird das so genannte „Humankapital“ der einzige Rohstoff der Bundesrepublik sein. Immer mehr Deutsche machen deshalb Abitur und studieren. Aber ist das sinnvoll? Braucht man bald einen Bachelor in BWL für Berufe, in denen früher eine Kaufmannslehre gereicht hat?
Die Antworten auf den sonntaz-Streit lesen Sie am 7./8. September in der neuen taz.am wochenende. Mit großen Reportagen, spannenden Geschichten und den entscheidenden kleinen Nebensachen. Mit dem, was aus der Woche bleibt und dem, was in der nächsten kommt. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo. Und für Fans und Freunde: facebook.com/sonntaz.
Haben Nida-Rümelin und seine Professorenkollegen recht, oder ist es da nur ein paar Professoren zu eng in ihrem Hörsaal? Versucht die Elite unter sich zu bleiben?
Studieren zu viele?
Diskutieren Sie mit! Die sonntaz wählt unter den interessantesten Kommentaren einen oder zwei aus und veröffentlicht sie in der sonntaz vom 7./8. September. Der Kommentar sollte etwa 900 Zeichen umfassen und mit dem Namen, Alter, einem Foto und der E-Mail-Adresse der Autorin oder des Autors versehen sein. Oder schicken Sie uns bis Mittwoch, 4. September, eine Mail an: streit@taz.de
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen